Ein Spielball der Kommunalpolitik ist trotz seines hohen Bekanntheitsgrades der Zebrastreifen. Bedenken und Unwissenheit bezüglich der Sicherheit, dem Sinn und dem Nutzen sind immer noch weit verbreitet. Wieso und unter welchen Umständen der Zebrastreifen trotzdem ein erfolgreicher Bestandteil der Verkehrslandschaft sein kann, wurde in Impulsvorträgen von Uwe Göthel, einem Verkehrsplaner aus Berlin, Thomas Schweizer, dem Geschäftsführer des Fachverbandes der Fußgängerinnen und Fußgänger in der Schweiz und Daniel Wanzek, dem Preisträger des R2R („Roads to Respect“ – eine Initiative des Europäischen Verkehrssicherheitsrates ETSC) erläutert.

Planungsverfahren in Berlin

Mit dem Einzug der Massenmotorisierung begann der Werdegang des Zebrastreifens in Berlin. Erstmals wurde dieser im Jahr 1952 am Bahnhof Schöneweide eingeführt. Jedoch wurde im Zuge des Ausbaus der autogerechten Stadt eine Vielzahl von Streifen beseitigt, um „den Verkehrsfluss nicht zu behindern”. 1990 betrug die Zahl der Zebrastreifen schließlich nur noch 164, 1996 gar 105. Dies änderte sich erst im Jahr 2001 mit dem Sonderprogramm für Zebrastreifen, dank dessen Hilfe heute wieder knapp 400 Zebrastreifen in Berlin zu finden sind. Somit kann durchaus von einer Renaissance gesprochen werden.

Um einen Fußgängerüberweg (FGÜ) zu planen, muss ein Antrag zum Beispiel von Bürgern, Schulen oder Kitas bei der Verkehrsbehörde, der Senatsverwaltung oder dem Tiefbauamt eingereicht werden. Die Standortvorschläge werden vorgeprüft und anschließend in der AG „Förderung des FG Verkehrs” beraten. Dann kann ein gemeinsamer Ortstermin erfolgen und ein Verkehrszeichenplan sowie ein Antrag auf Anordnung eingereicht werden. Nachdem die Straßenverkehrsbehörde den FGÜ angeordnet hat, erstellen die Tiefbauämter einen Kostenvor­anschlag und die Senatsverwaltung stellt die finanziellen Mittel bereit. Meist kann ein Zebrastreifen etwa ein Jahr nach dem Antrag realisiert werden. Die Kosten bewegen sich je nach Aufwand zwischen 13.000 und 50.000 Euro. Im Durchschnitt betrugen sie für einen Fußgängerüberweg zwischen den Jahren 2004 und 2012 31.000 Euro. Dieser Preis beinhaltet Bordsteinabsenkungen, Aufmerksamkeitsstreifen, Überkopfzeichen, teilweise das Anlegen einer Mittel­insel oder einer zusätzlichen Beleuchtung. Im Vergleich zu dem finanziellen Aufwand bei Lichtsignalanlagen, der zwischen 50.000 und 70.000 liegt, ergeben sich insbesondere für finanzschwache Städte wie Berlin durch die Einführung von Zebrastreifen und einer ansprechenden Gestaltung die Möglichkeit eine relativ große Wirkung zu erlangen.

“Der Königsweg” für den Fußgänger in der Schweiz

Im Vergleich zu Deutschland ist der Einsatz von „Fußgängerstreifen“ in der Schweiz um einiges zahlreicher. In seinem Vortrag erklärt Thomas Schweizer dies mit den niedrigen Auflagen, die zur Einführung zu erfüllen sind. Grundsätzlich sind Fußgängerstreifen überall dort zu finden, wo Fußgänger häufig die Straße überqueren. Daher gibt es in der Schweiz ca. 70.000 Fußgängerstreifen, davon allein in Zürich 4.000.

Durch die Verwendung von gelben Streifen wird eine emotionale Wirkung bei der Bevölkerung erzeugt und die Identifikation mit ihnen ist daher sehr hoch. Sie spielen zum Beispiel als Symphatieträger in Werbeplakatmotiven eine große Rolle. Dennoch wurde in Folge mehrerer Unfälle im Winter 2011/2012 eine Diskussion und eine Sensibilisierung angestoßen, Fußgängerüberwege nicht mehr nur als Markierung zu verstehen, sondern als „Bauwerk” oder Verkehrsanlage zu deklarieren. Dies führt dazu, dass bestimmte Auflagen verbindlich vorgeschrieben wären, wodurch die Gefahr besteht, dass diejenigen Zebrastreifen, welche die Anforderungen nicht erfüllen können, ersatzlos entfernt werden müssen.

Damit diese Gefahr bei zukünftigen Projekten vermieden wird, stellt Herr Schweizer einige Maßnahmen zur sicheren Querung vor:

  • Fußgängernetze statt nur Fußgängerstreifen planen! Also zweckmäßig verbundene Fuß- und Gehwege, Fußgängerzonen, Begegnungszonen, u. a.; die Querung ist ein Knoten von Fußweg und Straße!
  • Die Querungsdistanzen durch Mittelinseln verkürzen, was insgesamt zu erhöhter Sicherheit, einer Verflüssigung des Kfz Verkehrs sowie einer besseren Wahrnehmung des Fußgängerüberweges als Bauwerk führt.
  • Geschwindigkeitsreduktion, beispielsweise durch bauliche Maßnahmen unmittelbar bei der Querungsstelle oder im Vorfeld einer Querung.
  • Erhöhung der Anhaltquoten durch Kampagnen, Kontrollen und Bußgelder.

Insbesondere die zielgerichtete Planung mit einem übergeordneten Konzept ist für eine erfolgreiche Umsetzung von Fußgängerüberquerungen entscheidend.

Druck von “unten”

Ein konkretes Projekt, bei der auf umsichtige Planung verzichtet wurde, veranlasste Daniel Wanzek sich mit der Umsetzung kommunaler Verkehrsprojekte am Beispiel eines Zebrastreifens auseinanderzusetzen. Hierbei fand er von Bundesland zu Bundesland unterschiedliche politische Überzeugungen bezüglich Zebrastreifen. Berlin und Nordrhein-Westfalen sind als Vorreiter zu nennen, während beispielsweise die Stadt Dresden oder auch Thüringen kaum Zebrastreifen im Verkehrsnetz integrieren. Beispielsweise sind in Weimar von 22 Zebrastreifen nur 12 regelkonform. Daniel Wanzek beschäftigte sich im Zuge des Wettbewerbes R2R mit einem Zebrastreifen am Rand von Weimar, welcher im Einzugsbereich zweier Schulen liegt, aber von weitem nicht sichtbar, nicht barrierefrei und ungenügend ausgestattet und beleuchtet war. Aus diesem Grund wandte er sich an Polizei, die Stadtverwaltung und an das Thüringer Verkehrsministerium (TMBLV). Im Laufe der Zeit erhielt er Unterstützung durch die Bewohner vor Ort, den Ortsteilrat, den Behindertenbeauftragten und einen Europaabgeordneten. Er gründete daraufhin eine Bürgerinitiative, warb für Spenden von der Privatwirtschaft ein und leistete beispielsweise in Form von Flyern, einer Radiokampagne oder dem Dreh eines Kurzfilmes Öffentlichkeitsarbeit.

Aus seinen Erfahrungen leitete Daniel Wanzek unter anderem ab, dass die aktuellen R-FGÜ (Richtlinien für die Anlage und Ausstattung von Fußgängerüberwegen) aus dem Jahr 2001 nicht den heutigen wissenschaftlichen Erkenntnissen entsprechen. So hält beispielsweise das enge Korsett der R-FGÜ Behörden hinsichtlich Einsatzgrenzen von Zebrastreifen bei bestimm­ten Verkehrsstärken davon ab, verstärkt auf Zebrastreifen als Querungshilfe zu setzen.

Daher empfiehlt Daniel Wanzek zur Steigerung der Verkehrssicherheit die blau-weiße Ummantelung der Fußgängerüberwege, wie sie in NRW zu finden ist, zur besseren Kontrastwirkung im gesamten Bundesgebiet einzuführen. Während­dessen das Halteverbot von 5 m auf freizuhaltende Bereiche nach den RASt 06 (Richtlinien für die Anlage von Stadtstraßen) zu erweitern ist. Insgesamt steigt die Sicherheit von Fußgängerüberwegen mit deren Vorkommenshäufigkeit.

Die Frage nach der Sicherheit

So gibt es vor allem über den Aspekt der Sicherheit noch heute kontroverse Meinungen, wobei die vormals anerkannte Bewertung als unsicher immer mehr infrage gestellt wird und bei den Referenten und Teilnehmer und Teilnehmerinnen Konsens über die grundsätzliche Eignung von Zebrastreifen für die sichere Querung herrschte. Seit 2007 gibt es durchschnittlich 30 verunglückte Fußgänger pro Jahr an Zebrastreifen, darunter befand sich kein Unfall mit Todesfolge. Herr Schweizer merkte hierzu an, dass die meisten Unfälle beim Queren von viel befahrenen Straßen geschehen, vorwiegend auf der zweiten Fahrbahnhälfte. Die Einführung einer Mittelinsel reduziert daher das Gefahrenpotential in diesem Bereich. Ebenso sind Zebra­streifen in den Wintermonaten bei Dämmerung ein potentieller Gefahrenpunkt. Dies zeigt wiederum die Bedeutung von guten Sicht- und Lichtverhältnissen an Fußgängerüberwegen.

Auch wenn der ADAC traditionell eher gegen Zebrastreifen eingestellt war mit dem Hauptargument, dass diese für Kinder unsicher sind, scheint auch dieser inzwischen aufgeschlossener zu sein, wie sich beispielsweise an dem Projekt der Kinderzebrastreifen in NRW zeigt. Auch mehr und mehr offizielle Stellen scheinen die Vorteile von Zebrastreifen zu erkennen. Hier ist die Stellungnahme des Verkehrsministeriums NRW zu nennen, nach der vor Einrichtung oder Änderung einer Lichtsignalanlage zunächst geprüft werden solle, ob „die Querungsstelle durch einen entsprechend gestalteten Zebrastreifen gesichert werden kann”.

Nach aktuellen Untersuchungen der UDV (Unfallforschung der Versicherer im Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft) sind Zebrastreifen genauso sicher wie Lichtsignalanlagen, wenn diese auffällig markiert und beschildert sind, gute Sichtbeziehungen vorherrschen und die Einhaltung der Höchstgeschwindigkeit wie Barrierefreiheit gewährleistet sind. Hierauf zielten auch die in Weimar umgesetzten sofortigen oder mittelfristigen Maßnah­men ab. Zu diesen gehörten unter anderem der Rückschnitt des Straßenbegleitgrüns, das Anbringen von Gefahrzeichen, die Verbesserung der Beleuchtungssituation, die Anordnung zulässiger Höchstgeschwindigkeit auf 30 km/h, die Installation einer Geschwindigkeitsanzeigeanlage, verstärkte Geschwindigkeitsüberwachungen sowie die barrierefreie Absenkung der Bordsteinkanten.

Kreative Ansätze für die Zukunft

Anregungen zur sicheren Gestaltung von Zebrastreifen sind im europäischen Ausland zu finden. Eine Alternative für die Beleuchtung könnten so genannte „lanelights” sein, in die Straße eingelassene LEDs. Hierbei wies Herr Schweizer allerdings darauf hin, dass im Kanton Zürich „kein Mangel an der Beleuchtung bei Unfällen in der Nacht” festzustellen sei. Weitere neue Konzepte sind beispielsweise ein Licht im Zebrastreifen, das bei Betreten eines Fußgängers rot leuchtet oder ein Dreieck auf der Straße vor einem Zebrastreifen, mit dem in grüner Farbe auf den nahenden Fußgängerübergang aufmerksam gemacht wird und in Rot die Stelle markiert wird, an der der Bremsweg beginnt.

In Zukunft wird der Zebrastreifen weiterhin Teil der Verkehrskultur sein. Förderlich für seinen Erfolg sind eine einheitlichere europaweite Aus­legung der Regeln, sowie eine stärkere fachliche Zusammenarbeit, um Ideen und Konzepte für eine umsichtige Umsetzung zu entwickeln.

In Kürze

Der Zebrastreifen ist ein Baustein eines erfolgreichen Verkehrskonzeptes. Oft stellt er eine bessere Alternative zu Lichtsignalanlagen dar. Insbesondere die Aspekte der Verkehrsicherheit, des Verkehrsflusses und die Kosten sind hierbei zu erwähnen. Entscheiden ist eine umsichtige Planung, in welche die Menschen vor Ort mit einbezogen werden. In Zukunft sind weitere Ideen zur Steigerung der Verkehrssicherheit bei Zebrastreifen zu untersuchen.

 

Dieser Artikel von Laura Mark ist in mobilogisch! , der Vierteljahres-Zeitschrift für Ökologie, Politik und Bewegung, Heft 2/2013, erschienen. 

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