Um die Verkehrssicherheit von Fußgängern ist es nicht überall gut bestellt, das hat der ökologische Verkehrsclub VCD in seinem diesjährigen Städtecheck festgestellt. Der Grund: viele Kommunen haben den Fußverkehr bisher zu wenig im Blick.

Statistisches

Schon die Bundesstatistik zeigt: Wer zu Fuß geht, wird noch viel zu häufig Opfer eines Verkehrsunfalles mit schweren Unfallfolgen. Besonders kritisch sieht es bei den tödlichen Fuß­gängerunfällen aus. Der Anteil der getöteten Fußgänger an allen im Verkehr verunglück­ten lag innerhalb geschlossener Ortschaften in den letzten Jahren bei 33% 2013 sogar bei 40%. (2) Überproportional hoch, gemessen am durchschnittlichen Fußwegeanteil von 24%.

Auch direkt vor Ort in den Städten, zeigt sich Handlungsbedarf bei der Sicherheit von Fußgängerinnen und Fußgängern. Im Städtecheck 2014 wurden die Zahlen der verunglückten Fußgänger/-innen in den deutschen Großstädten mit mehr als 100.000 Einwohnern untersucht. Für die Jahre 2009 bis 2013 wurde für jede Großstadt mittels der linearen Regression eine Entwicklungstendenz berechnet.

Im Schnitt aller untersuchten 80 deutschen Großstädte ist die Zahl der verunglückten Fußgängerinnen und Fußgänger mit einer jährlichen Steigung von +0,02 % annähernd gleich geblieben. Die einzelnen Großstädten betrachtet, stellt sich die Entwicklung jedoch sehr differenziert dar. In 38 Städte verlief die Entwicklung positiv mit jährlichen Abnahmen bis zu 11 Prozent. In 41 Städten hat die Zahl der verunglückten Fußgängerinnen und Fußgänger in den letzten fünf Jahren jedoch zugenommen. Und das um bis zu 10 Prozent.

Wo laueren die Gefahren? 2012 verunglücken etwa 80% der Fußgänger/-innen beim Überqueren von Straßen. (3) Die räumlichen Unfallschwerpunkte liegen dabei vor allem an belebten Hauptverkehrsstraßen, vorwiegend im Zentrum. Auch Haltestellen des öffentlichen Nahverkehrs wurden als Unfallschwerpunkte genannt. (4)

Ursachen und Verursacher

Autofahrende verursachten Fußgängerunfälle vor allem durch Abbiegefehler oder durch das Nichtbeachten des Fußgängervorrangs. Häufig wird das Fehlverhalten durch eine schlechte Gestaltung der Verkehrsinfrastruktur begüns­tigt. So können beispielsweise Fußgängerfurten, die zu weit vom Kreuzungsbereich entfernt sind, dazu führen, dass der Abbiegen­de seine Pflicht zu warten und nach Fußgängern Umschau zu halten nicht erkennt. Ungünstige Kreuzungswinkel können zu Unklarheiten bei der Vorfahrt führen und schlecht sichtbare Zebrastreifen werden zu Unfallschwerpunkten. (4)

Fußgänger/-innen selbst machen am häufig­sten Fehler, wenn sie Straßen an unübersichtlichen Stellen oder trotz roter Ampel überqueren. (5) Diese Fehler werden begünstigt, wenn z.B. an stark belasteten Straßen Ampeln, Mittelinseln oder Zebrastreifen fehlen, (3) sichere Überwege nicht in der Laufrichtung von Fußgängern liegen und somit Umwege erfordern oder weil Wartephasen an Ampeln einfach zu lang sind. (5)

Verbesserungsvorschläge

Städte und Gemeinden, die die Wege für Fußgänger/innen sicherer machen wollen, sollten vor allem zwei Punkte im Blick haben:

    • Die Geschwindigkeiten des innerstädtischen Autoverkehrs müssen sinken.
  • Die Sichtbarkeit von Fußgängerinnen und Fußgängern muss erhöht werden.

Beispielhafte Maßnahmen sind die Ausweisung von Tempo 30, um die Häufigkeit und die Schwere von Unfällen im Straßenverkehr deutlich zu reduzieren, denn dadurch halbiert sich der Anhalteweg und Autofahrende bekommen bei niedrigeren Geschwindigkeiten mehr vom Geschehen am Straßenrand mit. Auch die Gestaltung der Straße sollte klare Signale für ein langsameres Fahren geben. Und nicht zu letzt müssen regelmäßige Kontrollen die Einhaltung der vorgegebenen Tempi unterstützen.

Um die Sichtbarkeit von Fußgänger/innen im Straßenverkehr zu erhöhen haben sich viele Maßnahmen bereits bewährt: Gehwegvorstreckungen, Fahrradbügel statt Autoparkplätzen im Kreuzungsbereich oder sogenannte Lollies zur besseren Sichtbarkeit von Zebrastreifen, sind nur ein paar Beispiele.

Beispielstädte

Der VCD Städtecheck 2014 stellt an fünf Beispielstädten und mit einer umfassenden Beispielsammlung eine Vielzahl bewährter Maßnahmen zur Erhöhung der Sicherheit im Fußverkehr vor, die sich auch mit geringem Budget und kurzfristig umsetzen lassen. Und das ist dringend erforderlich, denn aus der ergänzenden qualitativen Befragung der untersuchten Städte wird deutlich, dass der Fußverkehr im Vergleich zum Radverkehr in vielen Städten weder explizit gefördert noch analysiert wird.

Städte, die sich für den Radverkehr engagieren, können zwar auch von den Synergien für Fußgänger profitieren. Diese „Mitnahmeeffekte“ greifen jedoch für die Altersgruppen Kinder und ältere Menschen – die besonders viel gehen - nicht im gleichen Maße. Lang­fristig können die Unfallzahlen im Fußverkehr nur mit einem Bündel unterschiedlicher Maßnahmen, wie im VCD Städtecheck beschrieben, gesenkt werden.

Auch die Attraktivität des Fußverkehrs hat indirekt Einfluss auf die Sicherheit. Wie die VCD Studie zeigt, sind Fußgänger umso sicherer unterwegs, je mehr Wege zu Fuß zurück gelegt werden. Denn je mehr Menschen zu Fuß unterwegs sind, umso bewusster werden sie von allen Verkehrsteilnehmern wahrgenommen und beachtet. Bei Städten mit einem geringen Fußgängeranteil (bis zu 15 %) verunglücken Fußgänger/innen so häufig, wie es ihrem Anteil an den Wegen entspräche. In Städten mit überdurchschnittlich hohem Fußgängeranteil (mehr als 25 % Fußwege) verunglücken Fußgänger gemessen am Fußwege­anteil, nur noch weniger als halb so oft.

Quellen:

 

Dieser Artikel von Anna Haenel ist in mobilogisch! , der Vierteljahres-Zeitschrift für Ökologie, Politik und Bewegung, Heft 4/2014, erschienen. 

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